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René
Böll
"Meine künstlerische Arbeit"
Es gibt meines Erachtens zwei wichtige Kraftfelder, die
meine künstlerische Arbeit hineinwirken: zum einen die europäische
Mal- und Drucktradition, die vor allem in der Ausdrucksform und der
formalen Ästhetik meiner Bilder erkennbar ist, und zum anderem
das künstlerische Schaffensverständnis, das vom Geist der
chinesischen Philosophie, insbesondere dem Daoismus, beeinflußt
ist und an das Selbstverständnis der traditionellen chinesischen
Tuschemalerei anknüpft.
Meine intensive Auseinandersetzung mit der Farbe, die
ungewöhnliche Bedeutung, die ich ihr beimesse, mag hier eine Wurzel
haben. Ich benutze ungewöhnlich viele sehr unterschiedliche Farben:
Erd- und Mineralfarben, hunderte von Pigmenten natürlicher Erden,
gemahlene Mineralien wie Auripigment, Bergzinnober, Jaspis, Koralle,
Malachit, Pflanzenfarben, die leider oft nicht lichtecht sind, aber
auch sehr viele moderne organische Farben, die unter Beimischung mit
anderen Pigmenten den Pflanzenfarben nahekommen. Ich bevorzuge natürliche
Farben, weil sie nach seiner Erfahrung lebendiger sind und ein viel
größeres Spektrum haben.
Im Mittelpunkt meiner Farbästhetik steht die Harmonisierung, eine
Harmonisierung, die sich auf die chinesische Vorstellung von Yin und
Yang beruft, Einanderentgegengesetztes, aber auch sich Ergänzendes
als eine natürliche Einheit begreift.Versteht man die Malerei als
eine spezifische Ausdrucksform des Begreifens, so ist die spezifische
Form des Begreifens der chinesischen Tuschemalerei die chinesische Naturphilosophie,
mit ihrer besonderen Ausprägungsform, dem Daoismus.
Offensichtlich ist es dieser mit der Malerei so eng verknüpfte
Naturbezug, der meinem künstlerischen Selbstverständnis und
Temperament so nahe kommt. In vielerlei Hinsicht erinnern die Landschaften
in meinen Gemälden an die Vorstellungswelt des chinesischen Daoismus.
Meine Landschaften strahlen Ruhe und Einsamkeit aus. Es sind Orte, die
weit entfernt liegen von den ablenkenden und abnutzenden Einwirkungen
der lärmenden Zivilisation, es herrscht eine andere Zeit als die
der Geschichte. Die Natur ist sich selbst überlassen. Ihre Elemente,
Feuer, Erde, Wasser, Luft, Sonne und Mond, Meere und Berge folgen dem
Dao, dem "ewigen Weg" in stetigem Wandel. Und auch der Mensch
ist, eingebettet in die Natur, nicht das Maß aller Dinge. In der
Form des Todes, dem Skelett oder Totenschädel ein sehr häufiges
Motiv in meinen Arbeiten ist auch er in diesen großen Kreislauf
des Dao eingebunden. Nicht dramatisch oder romantisch klein liegt der
Mensch im Auflösungsprozeß, sondern natürlich, ohne
Zeichen der Auflehnung. Leben und Tod haben, wie alle Erscheinungen
der Natur, keine Vorzeichen.
"Self-Achievement", Innenräume schaffen, weniger nach
außen gerichtete, aggressive Selbstdarstellung ist das Anliegen
meiner Kunst und dies rückt mich dem fernöstlichen Künstlerbild
oft näher als dem vieler meiner westlichen Zeitgenossen.
Für mich ist steinzeitliche Malerei so gegenwärtig wie die
heutige - ebenso wie die jahrtausendealte östliche Malerei oder
präkolumbische Ausgrabungen.
Viele Richtungen der modernen Kunst bedueten mir wenig oder nichts.
Meine Wertschätzung für Rembrandt, Goya, Odilon Redon, Turner,
Munch, Klee and viele andere wächst weiterhin, auch wenn sie für
andere abnimmt.
Ich folge in meinem Werk keinem Kanon und keiner ideologischen Richtung,
es ist für mich unwichtig, ob meine Arbeiten "modern"
sind oder "im Trend liegen" oder wie eine Ausstellung in London
hieß, "Sensationen " genannt werden.
René Böll, unter Verwendung von Texten von Anne Engelhardt
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